Fünf Fehler bei der PEPP Einführung im Krankenhaus

Geschrieben von Ulf Köther am
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Am 01.01.2017 war es nun soweit: Der Gesetzgeber hatte beschlossen, das neue Entgeltsystem für die Psychiatrie und Psychosomatik verpflichtend einzuführen, auch wenn noch verschiedene Änderungen in letzter Minute eingeflossen sind. Den Betroffenen bleiben dann nur noch zwei Jahre Zeit, Erfahrungen mit dem neuen System zu sammeln, trotzdem die Regeln an einigen Stellen sogar noch gar nicht festgelegt wurden und sich erst in den nächsten Jahren entwickeln werden (lesen sie hierzu auch unseren Beitrag:  „Quo vadis PEPP?“).

Dass man bei solch großen Einschnitten und Veränderungen auch Fehler machen kann, ist vielen Häusern noch aus der Umstellung auf das DRG-System in 2006 bewusst. Vielerorts fehlt jedoch die Erfahrung mit dem neuen System, die sich durch kein Bücherwissen aufwiegen lässt. Am Markt behaupten werden sich am Ende die Häuser, die sich rechtzeitig mit dem System auseinandersetzen und sich entsprechend vorbereiten, oder die sich auf der Zielgeraden professionelle Hilfe gesucht haben.

Aus unseren Erfahrungen mit einem großen universitären Optionshaus, bei dem wir die Umstellung und mehrere Jahre der Optierung begleiten durften, konnten wir unter anderem fünf Bereiche ableiten, die bei der Umstellung besonders von Bedeutung sind:

  1. Der fehlende Wille, sich mit dem System auseinander zu setzen („Das kommt eh‘ nicht!“):

    In den letzten Jahren wurde immer wieder behauptet, dass das System PEPP als solches nicht kommen darf und am Ende ganz abgeschafft wird. Hier wurden wir eines Besseren belehrt und es liegt nun in der Verantwortung der betroffenen Häuser, sich in die Auseinandersetzung mit dem System zu begeben. In vielen Kliniken wird das Thema PEPP noch stiefmütterlich behandelt, und Mitarbeiter müssen sich „nebenberuflich“ damit beschäftigen, und oft herrscht noch die Prämisse vor, dass PEPP noch keine Auswirkungen habe – es sei noch alles Spielerei. Oft geben einzelne Mitarbeiter die Auseinandersetzung mit PEPP einfach auf, da ihnen die Inhalte zu komplex wurden und sich ohne fachpraktische Anwendung nur schwer erschließen.

  2. Die Mitarbeiter nicht mitnehmen („So schwer ist das doch nicht, Sie schaffen das schon!“):

    Neuerungen sind immer schlecht. Das ist besonders aufgrund der hohen Arbeitsbelastung im Gesundheitswesen ein in den Köpfen der Mitarbeiter feststehendes Vorurteil, da Neuerungen immer mit mehr Arbeit und vor allem höherem Verwaltungs- und Dokumentationsaufwand verknüpft werden: Es bleibt oft weniger Zeit für die Patienten. Gerüchte machen schnell die Runde und auch Halbwissen verbreitet sich unter Umständen schnell unter den Kollegen. Wichtig ist das zeitnahe Einbeziehen und Schulen aller Mitarbeiter, damit diese von den Änderungen nicht überrascht oder gar überrannt werden. Gerade auch Ängste, wie sich die Abläufe in der Realität verändern werden und welche Konsequenzen dies für die eigene Arbeit haben wird, sind sehr real.

  3. Anpassung der eigenen Strukturen an das System („Das müssen wir nun anders machen!“):

    Bedingt durch fehlende Erfahrung mit PEPP kann es schnell dazu kommen, dass Strukturen und Abläufe der Klinik so angepasst werden sollen, dass sie scheinbar gut zum neuen System passen. Dabei entsteht in den Häuser viel Unsicherheit und auch viele gute Konzepte – besonders in der Behandlung – können dabei verloren gehen. Nach unserer Erfahrung ist es viel sinnvoller, sich nicht blind an das neue System anzupassen, sondern nach Möglichkeiten zu suchen, wie man die bisherigen Konzepte im neuen System gezielt abbilden kann. Gerade die Komplexität des Systems ermöglicht es, Anpassungen so gezielt wie nötig in den einzelnen Fachbereichen vorzunehmen, um die Änderungen jeweils klein zu halten. Und das eben nicht für die Klinik in ihrer Gesamtheit, sondern für jeden einzelnen Arbeitsbereich im Speziellen. In der Praxis heißt das, die Konzepte einzelner Fachbereiche mit den entsprechenden Behandlern aus deren Sicht zu betrachten und entsprechende Möglichkeiten zu entwickeln, wie diese sich im neuen System abbilden lassen. Allgemeine Schulungen zu PEPP, wie sie häufig zum Jahreswechsel in Optionshäusern durchgeführt werden, sind dabei eher hinderlich.

  4. Der EDV wird blind vertraut („Das Programm hat immer recht!“):

    Computer sind Maschinen, von Menschen geschaffen, um Probleme zu lösen, die man ohne sie gar nicht erst hätte.

    Gerade durch seine Komplexität ist für das neue System an vielen Stellen eine Unterstützung durch die EDV unabdingbar oder sogar gesetzlich vorgeschrieben. Dabei ist es nicht immer einfach, den Überblick über den sinnvollen Einsatz der EDV und ihren Funktionsumfang sowie die korrekte Funktionsweise zu behalten. Erfahrung in der Funktionsweise des Systems und der Anwendung entsprechender Software ist durch nichts zu ersetzen. Haben Sie ihre Software und die entsprechenden Abläufe in der EDV auf Konformität mit dem neuen System geprüft? Fehlt ihnen eine Idee, wie Sie an bestimmten Stellen die Abläufe und Ihre Dokumentation durch EDV-Unterstützung noch verbessern können?

  5. Erlöseinbußen durch fehlende Systemkenntnis („Wie, wir haben kein Geld mehr?“):

    Nimmt man all die oben genannten Punkte zusammen, dann ist das Ende eigentlich offensichtlich: Es kommt zuerst zu direkten Erlöseinbußen für die Klinik, die sich dann mit zeitlicher Verzögerung in einem reduzierten Budget widerspiegeln, gerade vor dem Hintergrund der nochmals veränderten Regeln zur Budgetverhandlung. Von besonderer Gefahr ist dabei, dass sich diese Auswirkungen eben erst spät zeigen, und viele Kliniken die langfristigen Folgen nur schwer abschätzen können. Diese lassen sich jedoch durch rechtzeitige Intervention vermeiden.

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